Open Badges machen informelles Lernen sichtbar

Ein Anwendungsbeispiel aus der MINT-Bildung in der Pilotphase

von Arne Klauke und Vanessa Funke

Was sind Open Badges? Wir lernen. Immer und überall. In verschiedenen Kontexten. Und das ein ganzes Leben lang. Doch nicht immer lässt sich das Erlernte auch transparent in Noten, Zeugnissen oder Abschlüssen ausdrücken. Viel häufiger kommt es vor, dass wir – oft auf informellem Wege – Leistungen erbringen und Kompetenzen entwickeln, die nicht auf den ersten Blick in Bewerbungen oder sozialen Netzwerken sichtbar sind.
Das gilt für Fachkompetenzen, die außerhalb formaler Bildungssysteme wie Schule oder Hochschule erworben wurden. So steht auch die Gemeinschaftsoffensive zdi.NRW für non-formales Lernen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). In breit gefächerten außerschulischen Angeboten – von Kursen über Unternehmensprojekte bis hin zu Wettbewerben – entdecken Schüler:innen ihr Interesse an MINT und erwerben wertvolle Fertigkeiten und Kenntnisse.

Das gilt auch für die so genannten 21st Century Skills wie kritisches Denken, Selbstorganisation, Teamwork oder Kreativität – diese Kompetenzen sind aus dem (Arbeits-)Alltag nicht mehr wegzudenken und doch fehlt bislang häufig die Möglichkeit, sie transparent und verifizierbar abzubilden.

Wie können diese vielfältigen Kompetenzen anerkannt und auf einfache und komprimierte Weise gegenüber Dritten sichtbar gemacht werden, ohne eine Reihe von unterschiedlichen und nicht vergleichbaren Teilnahmebescheinigungen vorlegen zu müssen? Hier kommen Open Badges ins Spiel.

Open Badges als digitale Kompetenznachweise

Open Badges sind digitale Abzeichen, die verifizierbar belegen, dass jemand bestimmte Lernleistungen erbracht oder Kompetenzen erworben hat. Rein technisch gesehen handelt es sich um digitale Bilder wie Piktogramme oder Logos, die individuelle Metadaten für spätere Zugriffe und Überprüfungen enthalten (z. B. Ersteller:in, Inhaber:in, Leistung, Kursinhalte). Man kann Open Badges im Rahmen formaler Schul- und Hochschulbildung erhalten, aber sie finden auch im außerschulischen Lernen, in der beruflichen Weiterbildung oder im ehrenamtlichen Engagement Anwendung. Die Kodierung der Metadaten stimmt mit dem durch die Mozilla Foundation und die MacArthur Foundation gemeinsam entwickelten Open Badge Standard überein. Hierbei handelt es sich um einen offenen technischen Standard, sodass jede Person bzw. Organisation über spezielle Online-Plattformen, sogenannte Badgr, Open Badges erstellen, vergeben, verwalten, sammeln und überprüfen kann.  

Sichtbarkeit, Motivation und Orientierung durch Open Badges

Durch Open Badges werden zuvor „unsichtbare“ Lernerfolge, Kompetenzen und Talente sichtbar –  digital, einheitlich, überprüfbar und komprimiert. Insbesondere gegenüber potentiellen Arbeitgeber:innen bietet dies als Ergänzung zu klassischen Qualifikationsnachweisen einen großen Mehrwert. Es entstehen individuelle und facettenreiche Kompetenzprofile, die in digitalen Lebensläufen, auf Websites oder in Profilen sozialer und beruflicher Netzwerke dargestellt werden können. Dies spielt gerade vor dem Hintergrund eine wichtige Rolle, dass Berufsbilder und entsprechende Kompetenzanforderungen immer vielschichtiger, spezifischer und individueller werden und sich zudem in einem ständigen Wandel befinden.

Doch Open Badges können noch mehr.

Im Projekt zdi.NRW erstellen wir beispielsweise aktuell Open Badges, die an Berufs- und Studienorientierungskurse in ganz NRW angeknüpft sind. So können zukünftig in bis zu 2.000 Kursen Badges zugeteilt werden, die anschließend im privaten Profil der Jugendlichen auf der zdi-Community-Plattform zur Verfügung stehen. Schüler:innen nehmen an Kursen, Unternehmensprojekten oder Wettbewerben mit unterschiedlichen Schwerpunkten aus dem MINT-Kosmos teil und sammeln dafür während ihrer gesamten Schullaufbahn Open Badges – nennen wir sie MINT.OBadges. Durch die hinterlegten Metadaten ist die Teilnahme verifizierbar und es wird beispielsweise transparent ersichtlich, welche Inhalte abgedeckt wurden, wie lange der Kurs gedauert hat und welche Methodik verfolgt wurde.

Open Badges in der MINT-Bildung

Recht schnell werden durch das Sammeln der MINT.OBadges individuelle Leistungen und Interessenschwerpunkte sichtbar – dies hilft bei einer gezielten Berufs- und Studienorientierung. Für die Schüler:innen wird besser greifbar, was hinter einem bestimmten Berufsbild steckt, wo ihre Interessen und Stärken liegen und was dies für ihr zukünftiges Berufsleben bedeuten kann. Die MINT.OBadges markieren in diesem Fall also nicht primär den Abschluss eines Prozesses, sondern begleiten vielmehr als Meilensteine individuelle Lernwege. Das „spielerische“ Sammeln der MINT.OBadges steigert zudem die Motivation der Schüler:innen, an außerschulischen Lernangeboten teilzunehmen und sie erfahren eine Anerkennung für Lernerfolge außerhalb des regulären Curriculums.

Auch lebenslanges Lernen, Quereinstiege und Übergänge können erleichtert werden, indem MINT.OBadges beispielsweise Studienabbrecher:innen oder Berufswechsler:innen bei einer Neuorientierung unterstützen. Auf diese Weise sind sie ein entscheidender Teil der Zukunft nicht-linearer Berufsorientierung.

Open Badges – ein Ansatz mit viel Potential (nicht nur) für die MINT-Bildung.